Page 31 - VBKI-Spiegel #253
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                Die Gleichstellung von Frauen und Män- nern in Führungspositionen liegt in weiter Ferne. Welche Faktoren hindern Frauen daran in die Vorstandsetagen deutscher Unternehmen vorzudringen?
Die Gesamtkultur in den meisten Unter- nehmen ist nach wie vor männlich geprägt. Frauen in Führungspositionen sind, und das kenne ich aus eigener Erfahrung, Exo- ten. Die Besetzung von Führungspositio- nen verläuft nach eingeübten, eher männ- lichen Spielregeln. Und Männer erhalten eher einen Vertrauensvorschuss. Frauen hingegen erleben zum Teil einen irrealen Erwartungsdruck. Nach dem Motto: Soll sie doch mal zeigen, ob sie den Job wirklich kann. Das führt automatisch dazu, dass Frauen sehr viel kritischer gesehen werden und mehr leisten müssen, um anerkannt zu werden. Die Erkenntnis, dass vielfältig aufgestellte Teams besonders leistungsfä- hig sind, ist noch nicht überall angekom- men. Denn nur wenn wir verschiedenste Erfahrungen, Meinungen und Lebensmo- delle zulassen, ist auch Innovationsfähig- keit und Profitabilität gewährleistet. Viel- falt führt zu Reichhaltigkeit im wahrsten Sinne des Wortes.
Eine aktuelle Studie der AllBright Stiftung attestiert der deutschen Wirtschaftselite eine „starre Haltung“ und altmodische Vorstellungen von Führungskultur. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?
Sneaker zu tragen und die Krawatte abzu- legen, macht noch lange keine neue Un- ternehmenskultur. Ich bin zu Beginn mei- nes Berufslebens noch mit der Aussage konfrontiert worden: „Frau Nikutta, Sie
Dr. Sigrid Nikutta
© rosephotography
Frauen wollen nicht, Frauen trauen sich nicht, Frauen bewerben sich gar nicht erst – das sind die Standardargumente dafür, warum sich in vielen Branchen wenig ver- ändert. Was erwidern Sie?
Diese Argumente werden häufig genannt, davon werden sie aber nicht besser. Meine Erwiderung: Dann ermutigt die Frauen! Dann bringt Frauen dazu sich zu bewer- ben und zeigt, dass ihr wirklich Frauen wollt! Meine Erfahrung ist, dass es für je- de(!) Stelle auch eine weibliche Bewerbe- rin geben kann.
In den letzten Jahren gab es immerhin deutliche Zuwächse auf der zweiten Füh- rungsebene. Wird das in den kommenden Jahren automatisch zu mehr Frauen auf der obersten Führungsebene führen?
Es ist ein guter Anfang, aber dennoch kein Selbstläufer. Denn wenn man bedenkt, dass seit Jahren der Frauenanteil unter den Studierenden, die ihr Studium erfolgreich abschließen, über 50 Prozent liegt, dann weiß man auch, dass es nicht am Man- gel an qualifizierten Frauen liegt. Hier zei- gen immer noch politische, soziokulturelle und betriebliche Einflussfaktoren ihre Wir- kung.
Nun ist es die Aufgabe von Unterneh- men, Politik und Gesellschaft aus diesem guten Anfang endlich ein wirklich gleich- berechtigtes Neben- und Miteinander von Frauen und Männern in allen Bereichen und eben auch in allen Führungsebenen zu schaffen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Titelthema: Erfolgreich oder beliebt? I VBKI Spiegel # 253 30/31
  sind zwar eine Frau, aber ich würde es trotzdem mit Ihnen versuchen.“ Da hat sich im Laufe der Jahre schon eine Menge getan. Aber dass immer noch mehr Män- ner im Management sind als Frauen, ist doch negativ überraschend.
Mit welchen unternehmensinternen Ansät- zen lässt sich der Frauenanteil in Führungs- positionen besonders effektiv erhöhen?
Bei der BVG sind wir ganz pragmatisch vor- gegangen: Es wurde festgelegt, wie viele Stellen im kommenden Jahr mit Frauen zu besetzen sind – natürlich rund 50 Prozent der freiwerdenden Stellen. Um dem Gan- zen ein bisschen Unterstützung zu geben, wurden mit den jeweiligen Führungskräf- ten diese Zahlen – gehaltswirksam – ver- einbart. Das funktioniert sehr gut!



















































































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