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23.01.25

„Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“

„Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“

Business Breakfast: Vonovia-Chef Rolf Buch zu Gast beim VBKI 

Text: Philipp Zettl | Referent Politische Grundsatzfragen

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Über 810.000 Unternehmen gehören zur Immobilienwirtschaft, der Zweig erwirtschaftet jährlich 710 Milliarden Euro Umsatz – das entspricht etwa 19 Prozent des bundesdeutschen BIPs. Zum Vergleich: Der Automobilsektor trägt 5 Prozent zur deutschen Wirtschaftsleistung bei. Einer der größten Akteure in diesem Sektor, in dem 7,5 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten und der 140 Milliarden Euro Steueraufkommen generiert, ist Vonovia. Die Bochumer Dax-Konzern bewirtschaftet in Deutschland, Schweden und Österreich insgesamt knapp 542.000 eigene Wohnungen, davon 481.000 in Deutschland. Mit Rolf Buch konnten wir mit dem Vorstandsvorsitzenden des Wohnungsriesen beim VBKI über Zustand und Perspektiven des deutschen Immobilienmarktes diskutieren.

Nach der Begrüßung durch VBKI-Vizepräsident Christian Kloevekorn erörterte der CEO vor rund 100 Mitgliedern und Freunden des VBKI die Hintergründe der derzeitigen Wohnungsbaukrise.  Stark gestiegene Baukosten, hohe Zinsen und eine ausufernde Regulatorik erschwerten die dringend benötigte Schaffung neuen Wohnraums. Rolf Buch skizzierte das „magische Dreieck“, das es für eine Trendwende zu beachten gelte: Baukosten, Mieten und Subventionen. Subventionen, mit denen in den 70er Jahren die damalige Wohnungskrise bekämpft wurde, seien heute angesichts knapper öffentlicher Kassen wohl keine Option. Blieben als Variablen die Mieten und die Baukosten, die derzeit bei rund 5000 Euro pro Quadratmeter liegen: „Damit sich das rechnet, benötigen wir Mieten von über 20 Euro pro Quadratmeter. Das ist für viele unbezahlbar“, so Buch. Dabei könnten die Baukosten durch eine Reform von Bauordnungen und Fördervorschriften auf etwa 3.500 Euro pro Quadratmeter reduziert werden. „Es ist absurd, dass wir uns vorschreiben lassen, wie groß eine Abstellkammer sein muss. Wir bauen auch ohne diese Vorschriften gute Häuser, die lange nutzbar sind und in denen Menschen gerne wohnen.“

Auch das aktuelle Mietrecht sieht Buch kritisch: „Es ist wichtig, bestimmte Gruppen zu schützen, aber wir deckeln die Mieten für alle, unabhängig vom Einkommen.“ Das Ergebnis sei ein verzerrter Markt, bei dem Beamte oder Doppelverdiener geförderte Wohnungen erhielten, während Familien mit Kindern oder Alleinerziehende leer ausgingen oder sich im teuren Graumarkt behelfen müssten. „Wir brauchen eine differenziertere Mietpreisbremse und eine stärkere Förderung von Wohnraum für sozial schwache Gruppen.“

In der anschließenden, von Christan Schulz-Wulkow – Co-Vorsitzender des VBKI-Immobilienausschusses – moderierten Diskussion ging Buch näher auf die Wechselwirkung zwischen politischen Botschaften und dem Kapitalmarkt ein. „Gegen den Kapitalmarkt funktioniert es nicht, das hat England unter Liz Truss erst kürzlich lernen müssen.“ Forderungen nach Mietpreisbremsen, Enteignungen oder ähnlichen Eingriffen hätten oft teure Nebenwirkungen: „Sie steigern die Kapitalkosten, weil sie Unsicherheiten schaffen – und das treibt am Ende die Mieten noch weiter in die Höhe.“ Stattdessen müsse die Politik, wenn sie mehr Wohnraum fordere, für ein attraktives Umfeld für Investitionen sorgen. „Das wäre der effektivste Hebel, um den Neubau zu forcieren und das Mietniveau zu senken“, betonte Buch.

Die Zahlen in Berlin, so Buch, illustrierten das Problem sehr deutlich: „In Berlin benötigen wir bis 2040 rund 220.000 neue Wohnungen. Doch bei uns als einen der größten Akteure stehen gerade einmal 7.000 Bauprojekte in den Plänen. Das ist ein massives Problem.“ Zwar habe der aktuelle Senat mit dem „Schneller-Bauen-Gesetz“ erste wichtige Schritte unternommen, doch gleichzeitig unterstütze der Regierende Bürgermeister Maßnahmen wie den Mietendeckel. „Das schafft Unsicherheiten und blockiert Investitionen“, betonte Buch. In der Hauptstadt liegt die Durchschnittsmiete von Vonovia-Bestandswohnungen bei knapp acht Euro pro Quadratmeter, bei Neuvermietungen bei rund elf Euro.

Abschließend appellierte Rolf Buch an Politik und Gesellschaft: „Wir wissen, was zu tun ist. Es fehlt nicht an Erkenntnissen, sondern am Willen zur Umsetzung.“ Es sei Zeit, die Frühindikatoren wie einbrechende Baugenehmigungszahlen ernst zu nehmen – nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern vor allem aus gesellschaftlichen Gründen. Mit Blick auf die kommende Wahlperiode sagte Buch: „Die nächsten vier Jahre sind entscheidend. Noch gibt eine Chance, das Runder herumzureißen.“ Sollte die Trendwende nicht gelingen, dürfte wir 2029 eine AfD-Bundeskanzlerin haben, so Buch. 

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