US-Zölle, globale Rezession und die Zukunft der Weltwirtschaftsordnung
Diskussion mit Prof. Dr. Michael Hüther: Europa muss zum Gegengewicht werden
Text: Undine Kugler | Referentin Veranstaltungsmanagement
Donald Trump ist zurück – und mit ihm der wirtschaftspolitische Kurs der Abschottung. Seit seiner Wiederwahl 2024 verfolgt der US-Präsident erneut eine protektionistische Agenda, die weltweit für Unruhe sorgt. „Er stellt damit die gesamte liberale Weltordnung infrage“, erklärte Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, bei einer Veranstaltung des VBKI zur Zukunft der Weltwirtschaftsordnung.
Hard Power statt Softpower – und ein Westen in der Krise
Zentrales Thema der Diskussion war die Verschiebung geopolitischer Machtverhältnisse. Die USA setzen unter Trump zunehmend auf sogenannte Hard Power – also auf Druck, Abschreckung und einseitige Interessenpolitik. Die Fähigkeit, über kulturelle Attraktivität, wirtschaftliche Stärke und gemeinsame Werte Einfluss zu nehmen – Softpower – verliere an Bedeutung, so Hüther.
Die Folgen seien gravierend: Der Westen verliere an Bindungskraft, Allianzen bröckelten, multilaterale Kooperationen wichen einem Denken in Interessenssphären. „Es ist fraglich geworden, ob die USA noch selbstverständlich als verlässlicher Partner gelten können“, so Hüther.



Chancen für Europa – wenn es sich strategisch neu aufstellt
Die Krise der Globalisierung birgt jedoch auch Chancen – vor allem für Europa. Hüther forderte, die EU müsse selbst zur Softpower werden und sich wirtschaftlich, politisch und kulturell unabhängiger aufstellen. „Europa muss ein normatives Gegengewicht zu autoritären Modellen wie China oder Russland bilden“, so sein Plädoyer.
Dazu müsse Europa seine Stärken gezielt ausbauen: Offenheit, kulturelle Attraktivität, Einheit in Vielfalt und wirtschaftliche Stabilität. Zentral sei auch die Entwicklung eines leistungsfähigen Kapitalmarkts. Denn während Europa und die USA Marktanteile verlören, gewännen China und Russland im globalen Süden zunehmend Einfluss.
Unternehmen sollten nicht länger abwarten
Auch Michael Salcher, Mitglied des VBKI-Präsidiums und Moderator des Abends, rief zur Neuorientierung auf. Viele Unternehmen in Deutschland hielten an ihren engen wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA fest – aus Vorsicht, aber auch aus Gewohnheit. „Sie agieren oft im Abwartemodus, statt sich kritisch mit der veränderten geopolitischen Realität auseinanderzusetzen“, so Salcher.
Nach dem De-Risking kommt das De-Coupling
Zum Abschluss warf Hüther einen Blick in die Zukunft: Nach dem De-Risking von China – also dem Versuch, wirtschaftliche Abhängigkeiten zu reduzieren – könnte nun auch ein schrittweises De-Coupling von den USA bevorstehen. Europa müsse sich strategisch emanzipieren, um auch künftig global mitgestalten zu können.
Die Weltwirtschaftsordnung steht an einem Wendepunkt. Mit dem Rückzug der USA aus multilateralen Strukturen wächst die Verantwortung Europas. Jetzt kommt es darauf an, die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken – und ein überzeugendes Gegenmodell zur autoritären Weltordnung zu etablieren.
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